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Weltenmacher: „Eine neue Technologie für die Verbesserung der Bildung zu nutzen ist großartig“

Boris Kantzow ist Founder und CEO bei der Weltenmacher GmbH. Das Unternehmen hat sich auf VR-Technologie in der Bildung spezialisiert. Im Interview sprechen wir mit Boris über seine Leidenschaft für VR und über die Vorteile, die VR für die berufliche Bildung bietet. Es geht um Lernmotivation, Zielgruppen und konkrete Impulse für alle, die in das Thema VR einsteigen wollen.

Boris, du bist Co-Founder and Managing Director bei Weltenmacher und hast das Unternehmen 2017 gemeinsam mit deinem Geschäftspartner Jonathan Natzel gegründet. Was war eure Motivation?

Boris: Die Technologie VR schafft völlig neue Möglichkeiten, da wir plötzlich aktiver Teil einer dreidimensionalen Simulation sind. Als ich das erste Mal eine VR-Brille aufhatte, war mir klar: diese Technologie wird die Welt noch einmal verändern. Aber Technologie ist nur ein Tool. Und „Bildung ist die wichtigste Investition in den Menschen“ – ein Zitat von Franz Cornelsen, und besser könnte ich es nicht sagen. Eine neue Technologie für die Verbesserung von Bildung zu nutzen, ist großartig. Und mit VR sind wir in der Lage, Lerninhalte immer weiter zu optimieren und einer großen Menge an Usern zur Verfügung zu stellen.
E-Learning mit VR. Boris Kantzow - Weltenmacher

Boris Kantzow, Co-Founder Weltenmacher GMBH (Quelle: Boris Kantzow)

Schon seit Beginn habt ihr euch auf Themen der Aus- und Weiterbildung konzentriert. Welche VR-Anwendungen habt ihr bereits entwickelt? Welche Erfahrungen bringt ihr mit?

Boris: Mit der ersten chemischen VR-Anwendung haben wir bereits 2017 begonnen. Des Weiteren haben wir verschiedene VR-Trainingsmodule mit unterschiedlichen Partnern realisiert: Erste Hilfe, Bedienung von Beatmungs- oder Dialysegeräten, Brandschutz, Schutzmaßnahmen beim Arbeiten in Höhe, Austausch von Gas-/Heizthermen (mit starkem Gamification-Anteil – in einem Raumschiff), Aufklärungen für Herz-OPs und Dialyseverfahren, virtuelle Schulungen mit mehreren Teilnehmern etc. – Also zahlreiche Anwendungen mit sehr unterschiedlichen Zielgruppen (von Teenager bis 80+ Jahre) und sehr unterschiedlichen Lernzielen. Wir haben mittlerweile viel Erfahrung gesammelt und jede neue Anwendung zahlt auch wieder auf unsere neuen Trainings ein.

Gemeinsam mit Currenta und Cornelsen eCademy habt ihr die VR-Inhalte für den Chemikant entwickelt. Wie kam es zu dieser Kooperation?

Boris:  Die Konstellation war perfekt: Currenta hat die fachliche Expertise, die Cornelsen eCademy die didaktische und Weltenmacher als Startup die technologische für die speziellen Anforderungen, die VR mit sich bringt.
Gemeinsam konnten wir so die Lernziele definieren und die Schnittstellen zwischen Theorie, VR und Praxis genau aufeinander abstimmen. Das herauszuarbeiten bedeutete in diesem Pilotprojekt für alle Beteiligten ein aufwändiges, interdisziplinäres und iteratives Vorgehen, aber die ersten Rückmeldungen der Azubis sprechen für sich. So haben auch wir viel gelernt, und wir haben ein gutes Blended-Learning-Gerüst geschaffen. Dieses können wir in Zukunft weiter optimieren und auch für andere Szenarien einsetzen.

Entwickelt wurde die VR-Simulation/Aufgabe “Befüllen, beheizen und entleeren eines Rührbehälters” für den Chemikanten. Warum?

Boris: Es ist wichtig, dass wir nicht „Äffchen dressieren“, die einen bestimmten Ablauf an einer bestimmten Anlage nachmachen, sondern es geht darum, ein grundlegendes Verständnis zu schaffen, und das theoretisch Gelernte auf eine echte Anlage zu übertragen. Der Rührbehälter wurde von den Ausbildern aus verschiedenen Ausbildungsstätten von Currenta in einem Workshop auserkoren, da er die Basis für zahlreiche Versuche darstellt. Somit können hier die Grundlagen besonders gut gelernt werden. Dies ist außerdem wichtig, da die in diesem Rahmen entstandenen Module somit auch in anderen Chemieunternehmen zum Einsatz kommen können.

Was kann der Azubis in der VR konkret machen und lernen?

Boris: Wie an der echten Anlage können die Azubis sich bewegen und mit fast allen Teilen interagieren. Zusätzlich können sie in Rohre oder auch in den Rührkessel, in Pumpen etc. hineinschauen. Dies ist in Wirklichkeit nicht möglich, dort stehen die Azubis oft vor einer „Black Box“. In VR besteht die Möglichkeit, Teilabschnitte eines Prozesses beliebig oft im eigenen Tempo zu wiederholen, Fehler zu machen oder sich Teilabschnitte z.B. beim Beheizen in VR beschleunigen. Dadurch können wir Lernziele sehr zielgenau adressieren.

Worauf habt ihr bei der Entwicklung dieser VR-Simulation besonders geachtet?

Boris: Es ist offensichtlich, dass man besser lernt, wenn man Spaß dabei hat. Neben der klaren Definition der Lernziele war es uns wichtig, die Azubis von unserem Avatar auch motiviert werden, dieser hat also auch mal einen frecheren Spruch parat. Darüber hinaus verwenden wir an einigen Stellen Gamification-Elemente um das Training weiter aufzulockern. All das natürlich nur, wo es Sinn ergibt – selbstverständlich stehen das Lernen und das didaktische Konzept im Vordergrund.

Welche Vorteile siehst du als VR Experte in der Kombination von klassischen Lerneinheiten und VR?

Boris: VR bietet enorme Vorteile beim Lernen, viele Lernziele lassen sich aber besser durch andere Medien wie E-Learning, Texte oder Videos erreichen, andere wiederum müssen zweifellos an der realen Anlage erlernt werden. Daher müssen alle Lerninhalte auf den Prüfstand, um zu entscheiden, welches Medium an welcher Stelle am geeignetsten ist. Die Kombination und die genaue Abstimmung der Inhalte und Medien führt zu einem sehr effizienten Lernerlebnis.

Wie profitieren Ausbildungsbetriebe vom Einsatz der VR?

Boris: Im Gegensatz zu einer echten Anlage lässt sich die virtuelle Lernumgebung beliebig durch eine größere Anzahl von VR-Brillen replizieren. Die Zeit an der echten Anlage wird reduziert, somit können mehr Azubis mit bestehenden Ressourcen ausgebildet werden. Die Azubis können autark und standardisiert die Grundlagen in VR lernen, das entlastet die Ausbilder und gibt ihnen die Möglichkeit, besser auf die individuellen Unterschiede jedes einzelnen einzugehen. Wir bekommen zudem immer wieder die Rückmeldung, dass der Einsatz von VR bei der jungen Generation sehr gut ankommt und somit beim Recruiting von Arbeitskräften und Azubis hilft.

Ich bin Ausbilder und möchte mit VR starten. Was benötige ich an Equipment, VR-Brillen etc. und was kostet mich das?

Boris:  Die VR-Technologie hat sich in den vergangenen 5 Jahren rasant entwickelt, mittlerweile gibt es Consumer „Standalone“ VR-Brillen mit integriertem Prozessor und Grafikchip für 300€. Die Handhabung muss zu Beginn einmal verstanden werden, aber das ist kein Hexenwerk, und die meisten der jungen Azubis haben großen Spaß an dieser Technologie. Die genaue Auswahl der Technik mit entsprechendem Backend für Updates etc. ist dann je nach Ausbildungssituation u.U. etwas anzupassen.

Sind eure VR Anwendungen selbsterklärend oder bedarf es einer detaillierten Einführung der Azubis?

Burkhardt:  Unser Anspruch ist es, die VR-Trainings möglichst selbsterklärend zu gestalten, die Azubis können also unabhängig in ihrem eigenen Tempo in verschiedenen didaktischen Modi virtuelle Praxiserfahrung sammeln und lernen. Unser intelligenter Avatar kann das Verhalten und die Fehler der User einsortieren und adaptiv Content bereitstellen. Dies soll zukünfitg auch übergreifend in der Kombination mit den E-Learning Inhalten der eCademy passieren, aber das wird nicht ganz trivial.

Was sind nächste Schritte in Bezug auf die VR-Inhalte mit Weltenmacher und eCademy? Sind weitere Projekte geplant?

Boris:  Wir möchten weitere Versuche und Inhalte mit diesem Blended Learning Konzept umsetzen. Außerdem möchten wir unseren Content noch besser machen und noch besser aufeinander abstimmen. Dafür müssen wir nun das Feedback der Azubis und Ausbilder sammeln. Des Weiteren ist unser Ziel, diese Art zu lernen auch in anderen Bereichen jenseits der Chemie zum Einsatz zu bringen! Wir haben sehr viel gelernt, dementsprechend steht das Konzept und lässt sich nun sehr gut auch auf andere Lernumgebungen übertragen.

Welche Trends siehst du in der Zukunft? Was würdest du dir für VR wünschen?

Boris:  Die VR-Trainings bieten bereits enormen Mehrwert, dennoch handelt es sich noch um eine junge Technologie. Die Weiterentwicklungen unserer Software und der zugrundeliegenden Didaktik auch unter stärkerer Einbeziehung von künstlicher Intelligenz wird diese Art zu lernen in den kommenden Monaten und Jahren extrem verändern und vorantreiben. Heute ist es noch etwas Außergewöhnliches, aber es wird nicht lange dauern, und es wird völlig normal sein, in allen möglichen Bereichen in VR zu lernen. Alles andere ergibt doch auch gar keinen Sinn.

DANKE an Boris Kantzow für das Interview und die tolle Zusammenarbeit!

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Ramona Kelle hat einen Master in Medienwissenschaften in Bonn absolviert und zuvor eine Berufsausbildung in Mediendesign abgeschlossen. Sie war in verschiedenen Hörfunk- und Onlineredaktionen tätig und unterstützt seit 2018 das Marketing-Team von Cornelsen eCademy.